Erfahrungsbericht
Meine Schuluniform
Teil 1 – August bis Dezember
Mein Auslandsjahr begann im Sommer 2018, genauer gesagt am 30. August. An diesem Tag traf ich mich mit einer Freundin, die wie ich nach Dublin gehen würde, stieg in den Flieger und landete nur zwei Stunden später am Dubliner Flughafen. Natürlich war ich nervös, wie wahrscheinlich die meisten. Schon Tage zuvor hatte ich mir Gedanken gemacht: Ist es für mich, die ihr ganzes Leben bisher in einem Dorf gewohnt hat, das Richtige, in eine Großstadt zu gehen? Komme ich wirklich allein zurecht? Ist mein Englisch gut genug?
Am Flughafen trafen wir uns zuerst mit einer Mitarbeiterin unserer Organisation ISI und nach kurzer Zeit kam schließlich auch mein Gastvater, um mich abzuholen und wir fuhren zu meinem neuen Zuhause auf Zeit. Dort lernte ich noch am selben Tag auch meinen Gastonkel kennen, allerdings befand sich meine Gastmutter mit meiner 11-jährigen Gastschwester zu dem Zeitpunkt noch auf Kuba, da sie selbst Kubanerin ist. Auch wenn die ersten Tage mit meiner Familie, gerade im Rückblick auf diese Zeit, sicher nicht ganz einfach waren, freute ich mich auf die Schule und die Gelegenheit, neue Freunde zu finden. Ich besuche die Rockford Manor Secondary School, eine reine Mädchenschule, die nur 10 Minuten Fußweg von meinem Haus entfernt ist. Wir tragen alle eine dunkelblaue Schuluniform bestehend aus Rock, Bluse und Pullover.
Meine Schule stellte sich als sehr international heraus, es gibt so viele Austauschschüler dort, dass die ersten Tage nur dafür genutzt wurden, uns alles zu zeigen. Allein in meinem Jahrgang gibt es zur Zeit fast 25 internationale Schüler, was knapp die Hälfte des Jahrgangs ausmacht, darunter vor allem Spanierinnen.
Ich gehe in die Klasse, die der deutschen 10. Klasse entspricht, allerdings gibt es in Irland das sogenannte 'Transition Year', ein Jahr, bei dem Schulstoff und Tests eher nebensächlich sind und die Schüler sich ausprobieren sollen. Dieses Schuljahr zu wählen, stellte sich als die beste Entscheidung heraus, die ich treffen konnte! Wir unternehmen unglaublich viel, gehen fast jede Woche zu Vorlesungen in verschiedenste Universitäten oder machen Workshops. Mittlerweile habe ich schon Kurse wie Selbstverteidigung, Public Speaking, Erste Hilfe oder auch Filzen, Kosmetik und Haarstyling gemacht, alle unglaublich interessant und eine fantastische Abwechslung zum normalen Schulalltag!
Auch der Unterricht an sich ist wesentlich einfacher. In Mathe und Französisch zum Beispiel nehmen wir Stoff durch, den ich zuletzt in der 8. Klasse hatte, in Musik lerne ich momentan sogar Ukulele spielen und während die Jahrgänge über uns für verschiedenste Examen büffeln, haben wir bisher in insgesamt 4 Monaten gerade einmal einen einzigen Test geschrieben.
Zusätzlich haben wir in Irland noch so einige Fächer, die es in Deutschland leider nicht gibt, wie zum Beispiel Catering, in dem wir Kochen und Backen oder das Fach Enterprise, in welchem wir uns eine eigene Geschäftsidee ausdenken müssen und diese dann umsetzen und vermarkten.
Ich konnte auch wie in Deutschland bisher Volleyball spielen, wobei ich noch mehr Freunde gefunden und Turniere mitgespielt habe. Und am 12. Dezember hat es unser Team sogar geschafft, U19 All Ireland Champions zu werden!
Was ich bisher aber am meisten an meinem Auslandsjahr schätze, ist die unglaubliche Freiheit und Selbstständigkeit. Wenn ich in Deutschland nur mal zu meinen Freunden oder zu Veranstaltungen (die sowieso selten sind) möchte, musste ich immer erst meine Eltern bitten oder die Fahrt anderweitig organisieren.
In Dublin ist die nächste Bushaltestelle nie weiter als ein paar hundert Meter und der nächste Bus selten mehr als eine Viertelstunde entfernt. In einem halben Jahr habe ich so mehr mit meinen neu gewonnenen Freunden unternommen und erlebt, als in Deutschland in drei Jahren. Ob wir uns Sehenswürdigkeiten ansehen, ins Kino oder etwas essen gehen oder einfach nur eine Weile durch die Stadt schlendern, alles macht einfach unglaublich Spaß.
So erlebe ich auch in meiner Freizeit viel, zum Beispiel habe ich mit einer Freundin bisher schon Touren zu den Cliffs of Moher, nach Kilkenny und Galway mitgemacht.
Die Weihnachtsferien habe ich zu Hause in Deutschland verbracht, und wenn ich wieder zurückgehe, wird sich wohl einiges geändert haben. Sehr viele Austauschschüler sind nämlich nur bis Weihnachten geblieben und kommen nicht mehr zurück, darunter leider auch meine beste Freundin Lucie.
Aber ich habe auch schon einiges geplant, es gibt immer noch einige Orte, die ich besuchen möchte und ich habe mir außerdem vorgenommen, zusammen mit meiner anderen Freundin Paloma bald in einen Kampfsportverein zu gehen.
Allerdings ist es in Irland und vor allem in Dublin auch ziemlich teuer und ohne das großzügige Stipendium der Sparkasse Elbe-Elster hätte ich bisher und auch zukünftig mein Auslandsjahr wohl bei Weitem nicht so entspannt verbringen können.
Dafür nochmal ein riesengroßes Dankeschön und herzliche Grüße,
Leonie Engelmann
Ukulele spielen im Musikunterricht
Meine Medaille
Mit Lucie bei den Cliffs of Moher
Am 5. Januar war mein kurzer „Heimaturlaub“ dann auch schon wieder vorbei, sodass ich noch an diesem Tag mittags wieder in Dublin stand.
Ich hatte mir vorher schon ein paar Sorgen gemacht, ob ich mich nach dieser „Pause“ überhaupt wieder schnell dort würde einleben können, aber es stellte sich als womöglich kleinstes Hindernis von allen heraus. Kaum war ich im Großstadtgetümmel, war es, als wäre ich nie weggewesen. Meine Gastfamilie war noch nicht von der Verwandtschaft zurück, bei der sie das Ende des Jahren verbracht hatten, aber das machte mir nichts aus, da ich mich gleich noch an diesem Tag mit einer Freundin verabredete und das City Center unsicher machte.
Zwei Tage später fing natürlich auch die Schule wieder an und ich war wirklich überrascht darüber, dass zwar viele Schülerinnen gegangen waren, aber genauso viele neue dazukamen. Und auch wenn wir unsere alten Freunde wirklich vermissten, kamen wir eigentlich von Anhieb auch mit den neuen sehr gut klar.
Die folgenden Wochen und Monate gingen in meinen Augen noch viel schneller vorbei als die Zeit vor Weihnachten und das lag sicher auch zum Teil daran, dass wir jetzt in der Schule fast noch mehr unternahmen als davor schon. Jetzt waren aber vor allem Wettbewerbe quasi an der Tagesordnung. Beispielsweise waren meine Freundin Paloma und ich eines der Teams, die es mit ihrer Geschäftsidee im Fach Enterprise schafften, ins Kreisfinale zu gehen. Gewonnen haben wir zwar leider nicht, aber die Erfahrung war es auf jeden Fall wert!
Das wahrscheinlich größte Projekt des Jahres allerdings begann Ende Januar. Im Rahmen des Computerunterrichtes kamen einige Mitarbeiter von Microsoft zu uns und starteten einen Wettbewerb über rund zehn Wochen. Wir sollten mithilfe eines Programmes selbst eine App programmieren und diese am Ende vorstellen. Meine Gruppe war letztendlich sogar die, die es noch weiterschaffte und schließlich in Microsoft‘s Hauptgebäude in Dublin vor 80 Leuten diese App vorstellen durfte. Das alles war etwas, wozu ich in Deutschland nie die Möglichkeit gehabt hätte, eine fantastische Chance, mit den Iren noch enger zusammenzuwachsen und alles in allem einfach eine großartige Erfahrung!
In dieser Zeit bin ich gerade mit neuen Schülerinnen, die noch nicht alles gesehen hatten, viel herumgereist, sei es mit der Vikings–Splash–Tour durch Dublin, zum Umzug am St. Patrick‘s Day oder noch einmal in andere Städte wie Cork und Galway.
Eins der besten und mir persönlich auch wichtigsten Ziele haben wir auch besucht, den Giant‘s Causeway in Nordirland. Mich hat besonders die doch etwas andere Kultur und der sich stark unterscheidende Akzent in Belfast interessiert, aber natürlich war auch die Landschaft und der Causeway selbst wirklich wunderschön.
Die letzten Wochen habe ich damit verbracht, mich auf mein CAE, das Cambridge Cambridge Certificate in Advanced English, vorzubereiten; ein Sprachzertifikat, das von den allermeisten Universitäten anerkannt wird und auch allgemein sehr nützlich sein kann. Dieses Examen habe ich am 15. und 18. Mai absolviert und, wie ich mittlerweile weiß, glücklicherweise auch bestanden.
Nun war wirklich die letzte Zeit angebrochen und es war schon seltsam, sich langsam aber sicher auf ein finales Goodbye einzustellen.
Am letzten Schultag gab es abends eine sog. „Exhibition Night“, bei der mein Jahrgang alles präsentiert hat, was wir über das Jahr gemacht haben. Zusätzlich wurden auch noch Preise vergeben und die Zertifikate für sämtliche von uns besuchte Kurse ausgehändigt.
Ich dachte ja, dass das Auslandsjahr an sich sich schon gut im Lebenslauf machen würde, aber dass ich so viele Zertifikate und Auszeichnungen in allen möglichen Gebieten bekommen würde, hat mich wirklich überrascht.
Die allerletzten Tage habe ich dann damit verbracht, nochmal alle meine Freunde zu sehen, meine Lieblingsplätzen in Dublin zu besuchen, die ersten Freunde schon nach Hause zu verabschieden und auch selbst meine Koffer zu packen.
Und so ging am 31. Mai nach 243 ereignisreichen Tagen auch für mich ein großes Kapitel meines Lebens zu Ende.
Ich habe in diesen Monaten so viel gesehen, gelernt und Erfahrungen gesammelt, dass ich wohl noch mein ganzes Leben davon profitieren werden kann und ich muss mich wirklich noch einmal bei der Sparkasse bedanken, dafür, dass sie mir dieses Jahr so viel leichter gemacht haben.
Mittlerweile habe ich mich auch in meiner alten Heimat wieder gut eingelebt und somit bleibt mir nur, allen Stipendiaten nach mir eine genauso schöne Zeit zu wünschen, wie ich sie hatte.
Mit herzlichen Grüßen,
Leonie Engelmann
Mit Paloma beim Enterprisewettbewerb
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